ADAC Reisevertrieb zwischen Sortimentsplanung und KI
In die Veranstalterrolle will die Zentrale des ADAC Reisevertriebs nicht geraten; trotzdem bewirbt sie unter anderem Kreuzfahrten, Bahnreisen und weitere Sparten mit eigenen Broschüren. Über Sortimentsplanung, die Rolle von Mitgliederreisen und die Rolle künstlicher Intelligenz für die Vereinfachung von Prozessen sprach Reise vor9 mit den Geschäftsführern Andreas Neumann und Aquilin Schömig.
ADAC
Die Reisevertriebssparte des ADAC pflegt ihre Sortimentspolitik
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Auf der Produktseite setzt der ADAC Reisevertrieb auf Segmente, in denen die Marke besondere Glaubwürdigkeit hat. Kreuzfahrten zählen zu den wichtigsten Wachstumstreibern. Zu den zentralen Reedereipartnern gehören neben Branchengrößen wie Aida, TUI Cruises auch Betreiber kleinerer Schiffe, wie Nicko Cruises oder Plantours. Gerade habe man einen neuen Katalog auf den Markt gebracht – "Kleine Schiffe, große Abenteuer" – der dieses Marktsegment bedient.
Mitgliederreisen spielen ebenfalls eine Schlüsselrolle. Sie sind ausschließlich in ADAC-Reisebüros und über Adacreisen.de buchbar und bieten klassische Mitgliedervorteile. Ergänzend baut der Verbund eigene Welten für Camper-, Bahn- und Schiffsreisen aus. Die USA bleiben wichtigste Destination für Mietwagen- und Camper-Rundreisen, wozu eine neue Roadtrip-Broschüre aufgelegt wurde. Allerdings verzeichnen auch die ADAC-Büros den Trump-Effekt. Die Nachfrage nach Touren durch die USA sei rückläufig, während vor allem Australien, aber auch Neuseeland und Kanada gerade breitere Zustimmung fänden.
Mitglieder als Nachfragebasis
Für Nischenprodukte wie Oldtimerreisen sieht Neumann den ADAC als "natürliche Anlaufstelle". Exklusive Angebote sollen das Profil schärfen, allerdings sei das Volumen des Segments überschaubar.
Über Printtitel wie Motorwelt oder Urlaub, Newsletter und Papiermailings erreicht der Verband große Teile seiner Mitgliederbasis. "Wir bilden einen Querschnitt der deutschen Bevölkerung ab. Damit können wir auf solche Produkte hinweisen", heißt es aus der Geschäftsführung.
Automatisierung und KI als Hebel
Technologie und KI sind zentrale Bausteine der Strategie. Der ADAC verfüge insgesamt über einen hohen Automatisierungsgrad, etwa in Callcentern für Pannenhilfe und Luftrettung sowie auf der stark genutzten Website adac.de. Der Reisevertrieb greift auf diese Kompetenz zurück, setzt aber eigene Schwerpunkte.
Mit Aris und Aris Sky steht eine Kommunikations- und Buchungsoberfläche im Fokus, die Direktanbindungen zu wichtigen Airline-Gruppen und NDC-Angebote mit klassischen GDS-Zugängen und Online-Booking-Engines wie Cytric kombiniert. Klassische GDS-Modelle allein hält Neumann nicht mehr für wettbewerbsfähig.
KI-Strategie und „Führerschein“
Parallel treibt der Verbund eine KI-Strategie voran. Eine eigene Richtlinie, Business-Lizenzen für ChatGPT und Microsoft Copilot sowie ein verpflichtender "KI-Führerschein" für Mitarbeiter sollen den verantwortungsvollen Einsatz sichern. Ziel sind schnellere Angebotserstellungen, effizientere Abläufe und ein besseres Matching von Kundenwünschen und Angeboten.
Für 2026 stellt Neumann Anwendungen in Aussicht, bei denen Sprach- oder Texteingaben im Reisebüro automatisch zu mehreren Flug- oder Reisekombinationen führen, die dem Kunden präsentiert werden. Aris soll zudem zu einer KI-basierten Wissensdatenbank ausgebaut werden, über die Produktwissen und Tariflogiken zentral verfügbar sind.
Nachwuchs im Drei-Säulen-Modell
Beim Thema Nachwuchs meldet der Reisevertrieb Fortschritte. Das laufende Jahr sei bei der Gewinnung neuer Azubis erfreulich verlaufen. In der Frankfurter Zentrale wurden die neuen Mitarbeitenden bei einer Kick-off-Veranstaltung begrüßt.
Das Ausbildungskonzept setzt auf drei Säulen: Schule, betriebliche Praxis und eine zusätzliche Ebene mit Inforeisen, Produktmodulen und Verkaufstrainings. Quereinsteiger bleiben möglich, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Auszubildenden.
Für das Geschäftsjahr 2025/2026 kalkulieren Schömig und Neumann mit einem Umsatzplus von fünf bis sechs Prozent – ohne weitere Zukäufe. Wachstum, Digitalisierung und KI sollen den ADAC-Reisevertrieb in einem veränderten Markt "auf Kurs in Richtung Zukunft" halten. Einen Schritt, den manche andere bereits gegangen sind, will der ADAC Reisevertrieb indes nicht gehen: Die Übernahme der Veranstalterrolle lehnen die beiden Geschäftsführer ab. Den einzelnen Reisebüros hält man hingegen die Möglichkeit offen, Reisen als Veranstalter zu paketieren.
Christian Schmicke
Im ersten Teil der Geschichte hat Reise vor9 gemeinsam mit den ADAC-Reisevertriebschefs die Expansionsstrategie und die Rolle der Kette im Wettbewerbsumfeld beleuchtet. Mehr dazu hier.