6. Dezember 2021 | 07:00 Uhr
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Atlantic City – Auf den Spuren amerikanischer Mythen

Mondäner Küstenort, Sündenbabel voller Lust und Laster, schleichender Niedergang, Glitzerjahre als Las Vegas der Ostküste – Atlantic City steht seit der Gründung 1854 für Extreme und einen American Way of Life, den man nicht mögen muss. Doch allein die Mythen sind eine Reise wert, die sich um die schillernde Spielermetropole zwei Autostunden südlich von New York City ranken.

USA Atlantic City Strand mit Skyline Foto Tour AC

Atlantic City hat eine wechselvolle Geschichte; aus der Glitzermetropole wird zunehmend ein spannender Urlaubsort am Meer

Zur Einstimmung hört man Bruce Springsteen, der auf seinem ersten Soloalbum 1982 dem Aufstieg und Fall der Stadt eine düstere Ballade widmet: But maybe everything that dies someday comes back. Und schaut die preisgekrönte Serie Boardwalk Empire, in der Martin Scorsese die wilde Zeit der Prohibition, Prostitution und Korruption zwischen 1919 und 1933 auferstehen lässt.

Damals paktieren Stadtpolitiker wie Enoch „Nucky“ Thompson mit der Unterwelt. Das Alkoholverbot wird nicht durchgesetzt, das flüssige Gold fließt in Bars und Nachtclubs in Strömen, Schmuggel und Schwarzbrennen bringen hohe Profite. 1929 trifft sich die organisierte Kriminalität hier gar zu einer Konferenz, mit dabei Lucky Luciano und Al Capone.  

Einige Jahrzehnte später ist Atlantic City, USA ein Problemfall. Im gleichnamigen Film von Louis Malle spielt Burt Lancaster einen Gangster, der zwischen Drogen, käuflicher Liebe und Spielhöllen seine letzte Chance sucht. So wie auch die Stadt selbst: Um ihr neues Leben einzuhauchen, legalisiert Ende der 1970er der Bundesstaat New Jersey das Glücksspiel.

Mit Erfolg, Immobilienspekulanten pumpen Dollarmilliarden in riesige Casino-Hotels, die bis heute die Skyline am Boardwalk prägen. Donald Trump lässt das Taj Mahal hochziehen und dreht sein PR-Rad, um Touristen zu locken. Die TV-Boxkämpfe von Mike Tyson, der hier reihenweise Gegner ausknockt, machen Monopoly City in aller Welt populär.

Bis Ende der 1980er steigt A.C., wie die Stadt abgekürzt wird, zu einem der beliebtesten Reiseziele der USA auf. Doch dann zerkratzen Casino-Pleiten das glitzernde Image, Investoren wenden sich ab. Online-Konkurrenz im Glücksspiel, Finanzkrise und Corona verschärfen die ökonomischen Probleme.

Aktuell ist die Einwohnerzahl wieder unter 40.000 gesunken, drei Viertel davon sind Schwarze und Hispanics. Es fehlen Jobs, die Arbeitslosigkeit ist hoch, der Kontrast zwischen schicken Touristenvierteln und ärmlichen Quartieren heftig. 2012 richtet zudem der Hurrikan Sandy Verwüstungen in ganz New Jersey an, auch A.C. bleibt nicht verschont.

Doch die Stadt lässt sich nicht unterkriegen. Nun soll nach der Lockerung der Einreisebeschränkungen der Tourismus wieder brummen. Die riesigen Casino-Hotels wurden in den letzten Jahren teils aufwändig modernisiert. Atlantic City will mit seinen Shoppingzentren, Restaurants und der schönen Lage am Meer auch Gäste anziehen, die Poker, Blackjack und Roulette weniger anzieht.

Es fehlt nicht an Pluspunkten: angenehmes Seeklima mit gesunder salzhaltiger Luft, lange Sandstrände, günstiges Shopping, attraktive Hotelpreise. Zudem bietet die Küstenstadt eine reizvolle grüne Umgebung inmitten von Marschland mit Inseln, Sümpfen und Wäldern. Lohnende Ausflugsziele sind nah. Wie das bezaubernde Cape May mit seinen Häuserzeilen aus viktorianischer Zeit, vor 400 Jahren gegründet und eine der ersten Siedlungen von Europäern an der US-Ostküste.

Thomas und Pascal Wüpper

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