Bentour
11. August 2023 | 07:00 Uhr
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"Verkaufen ist ein Handwerk, das man lernen kann"

Ricco Groß (Foto) will Reiseverkäufern zeigen, wie sie "mit authentischen Beratungsgesprächen wieder mehr Zeit, mehr Buchungen und mehr Spaß am Counter haben können". Der 29-Jährige hat sich als Sales-Berater für Unternehmen selbstständig gemacht und dabei seine alte Liebe zur Reisebranche wiederentdeckt.

Groß Ricco Foto Privat

Ricco Groß kommt aus Bayreuth und bietet Verkaufstraining für Reisebüros

Obwohl noch keine 30 Jahre alt, weiß Groß genau, wovon er spricht. Seine Karriere hat 2014 im Reisebüro in Bayreuth begonnen, mit einer Ausbildung zum Touristikkaufmann. Der Franke hat sich nach eigenen Angaben dort bereits auf Erlebnisreisen spezialisiert. Bei einer seiner vielen Reisen hat Groß in Mexiko seine Freundin kennengelernt, der er nach Hamburg gefolgt ist. Daher hat er zu STA Travel gewechselt, im Anschluss ging es zu G Adventures, für die er drei Jahre im Außendienst tätig war.

"Dann kam die Pandemie und ich habe im Homeoffice deren Reisebüropartner in ganz Europa betreut", erzählt der Touristiker. In dieser Zeit habe er sich entschlossen, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Nun ist er Freelancer und macht Online-Sales-Beratung für Unternehmen. Zuvor habe er rund 10.000 Euro in sich selbst investiert, um seine Fähigkeiten zu verfeinern. "Verkaufen ist ein Handwerk, das man lernen kann", ist Groß sicher. Und so bietet er Reisebüros seine Dienste an und erklärt auch im Detail, auf was er abzielt.

Abschluss beim ersten Termin als Ziel
Nach Umfragen in Expi-Gruppen in Social Media und persönlichen Gesprächen habe er festgestellt, wo es aktuell hakt, beziehungsweise, was alles falsch gemacht werde am Counter. "Auf Termin beraten ist mittlerweile Standard, jedoch mangelt es unter anderem an der richtigen Vorbereitung", sagt er. So müsste etwa vorher klar sein, ob die Entscheider mit am Tisch sitzen, am Zoom-Call teilnehmen oder am Telefon dabei sind. "Das Ziel sollte immer sein, direkt den Abschluss zu machen", sagt Groß. "Denn wenn der Kunde zur Tür raus ist, habe ich keinen Einfluss mehr". Und es gebe schon zu viele Faktoren, die nicht beeinflusst werden könnten – derzeit Flugänderungen, schlechte Erreichbarkeit der Veranstalter, gestiegene Reisepreise und mehr.

Richtige Vorbereitung ist alles
Der zweite Punkt zur Vorbereitung sei, die Kunden zu fragen, ob sie denn bereits Urlaub eingereicht hätten oder den Zeitraum wüssten. Falls das verneint werde, die Kunden bitten, das vorab zu klären. Beim Gespräch selbst gelte es herauszufinden, wo das wahre Budget liegt. Das gehe am besten mit Smalltalk am Anfang des Gesprächs; mit Fragen zum Job oder der Freizeit, so dass man unauffällig heraushören könne, wie die finanzielle Situation sei. "Oder einfach direkt fragen: Sie haben ihr Budget mit 800 Euro pro Person angegeben. Falls wir ihren Traumurlaub finden, könnten Sie auch mit 1.000 Euro leben?", rät Groß.

Mit gezieltem Fragen zum Erfolg
Wobei man gerade beim Smalltalk viele wichtige Dinge erfahre und wie jemand tickt. Jedoch sollte immer der Expi das Gespräch lenken und die richtigen Fragen stellen, damit es nicht ausufert. Diese Informationen helfen jedoch ungemein bei der Bedarfsermittlung, denn es sollen ja Emotionen erzeugt werden. "Wie sieht der Traumurlaub aus? Das erfahre ich nur, wenn ich konkret nachfrage. Wenn das Hotel am Strand sein soll, dann muss die nächste Frage darauf abzielen, was der Kunde dort machen will. Mit Kindern spielen, Joggen oder romantische Spaziergänge?", erklärt Groß.

Wenn das alles passiert sei, wobei es nicht länger als eine Stunde dauern sollte, geht es zur Angebotspräsentation. Hier sei Vertrauen das A und O, nur dann komme es zum Abschluss. Daher könne der Reiseberater beim Erstkontakt sich auch mal die Zeit nehmen und seine Expertise präsentieren. "Auch das kurz und fundiert, mit Fakten zur eigenen Erfahrung in Destinationen, bei Rundreisen, Safaris oder ähnlichem – nur so kann Vertrauen entstehen", sagt der 29-Jährige.

Ein Nein nicht einfach hinnehmen
Und zu guter Letzt, nach Angebotspräsentation, folge bei Nichtabschluss die Reaktion auf Einwände. Denn viele wollten es sich nochmal überlegen, darüber schlafen oder ähnliches. "Hier ist es ganz wichtig, den Kunden nicht einfach ziehen zu lassen. Sonst heißt es meist auf Nimmerwiedersehen", sagt er. "Es gilt, immer einen Folgetermin auszumachen, um Verbindlichkeit zu haben. Ich rufe sie an", rät Groß. Wobei es noch besser sei, nachzufragen. Warum wolle der Kunde nochmal darüber nachdenken, bereite etwa der Preis Bauchschmerzen oder die Airline, das Hotel – "was auch immer, nur dann habe ich die Chance nachzubessern". Das Nachhaken sei nicht aufdringlich, ganz im Gegenteil – es zeige Interesse am Gegenüber. Und wenn der Kunde dann nur abblocke, dann wisse man, dass keine echte Buchungsabsicht bestehe.

Besser verkaufen mit kleinen Stellschrauben
Um sein Know-how in Sachen Verkauf weiterzugeben, berät Groß aktuell die ersten Reisebüros, die er von der Ferne aus betreut. "Das Ganze läuft zwölf Wochen und da reichen Wissenshäppchen, die per Zoom-Call vermittelt werden. Darauf folgen Hausaufgaben, die am Counter umgesetzt werden sollen, etwa zur Gesprächsführung", sagt Groß. Und die Ergebnisse würden dann Woche für Woche besprochen. Bei Interesse können sich Touristiker per E-Mail an info@riccogross.de wenden, denn seine Beratung gibt es nicht von der Stange, sondern nur nach persönlichem Gespräch. Er könne sich auch Präsenzkurse vorstellen, jedoch reise er viel zu gerne und sei daher aktuell eher auf die Online-Kommunikation spezialisiert. "Das geht ja von überall aus", lacht Groß.

Sabine Schreiber-Berger

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