5. März 2021 | 07:00 Uhr
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Touristik ist empört über Bund-Länder-Beschlüsse

Verbände und Unternehmen stoßen sich dabei weniger an den geplanten Öffnungsszenarien als daran, dass sämtliche Sparten der Reisebranche darin nicht vorkommen. Sie verlangen eine Strategie, die noch vor den nächsten Bund-Länder-Gesprächen stehen soll.

Geschlossen

Für den Tourismus fehlt nach wie vor ein Öffnungskonzept

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Aus Sicht des Deutschen Reiseverbandes (DRV) sind die Ergebnisse der Beratungen vom Donnerstag "nicht nur enttäuschend – sie machen die Branche fassungslos“, heißt es in einer Mitteilung. Für Kunstgalerien, Museen und botanischen Gärten seien Öffnungsszenarien besprochen, viele weitere Wirtschaftszweige in den Stufenplan integriert worden. Der Tourismus mit seinen drei Millionen Beschäftigten in Deutschland sei dagegen nicht einmal erwähnt worden.  

"Der Tourismus muss Teil der Öffnungsdebatte sein“, fordert DRV-Chef Norbert Fiebig. Beim Gipfel des Bundeswirtschaftsministers mit den Verbänden vor drei Wochen sei vereinbart worden, am 3. März eine "klare und vorausschaubare Perspektive“ festzulegen. Davon sei „nichts zu erkennen“. "Verlässliche Wirtschaftspolitik sieht anders aus", so Fiebig.

Ablenkungsmanöver für Pannen der Politik?

Es dränge sich der Eindruck auf, "dass die Bundesregierung durch eine Verlängerung des Lockdowns davon ablenkt, dass das Impfen nur im Schneckentempo vorangeht, dass weder ein schlüssiges Testkonzept vorliegt, noch ausreichend Schnelltests zur Verfügung stehen", mutmaßt der Verbandspräsident. Und das, obwohl die Reisewirtschaft bereits im Herbst 2020 in einem ausführlichen Testkonzept genau auf diese Erfordernisse hingewiesen habe. "Die Politik muss jetzt dafür sorgen, dass wir perspektivisch unser Geschäft wieder aufnehmen können“, fordert er. Ohne eine Strategie für einen Restart würden „noch mehr Unternehmen in der Reisewirtschaft aufgeben müssen“.

Auch FTI-Chef Ralph Schiller zeigt sich enttäuscht. "Natürlich respektieren wir die Entscheidung der Bundesregierung zur Verlängerung des Lockdowns in Deutschland", erklärt er. Nichtsdestotrotz sei er "der Überzeugung, dass eine Lockerung der Regulierungen sowohl für den inländischen als auch für den internationalen Tourismus möglich und vertretbar gewesen wäre". So seien "alle Marktteilnehmer und Partner mit umfassenden, detaillierten Sicherheits- und Hygiene-Konzepten auf den Re-Start vorbereitet" und die Veranstalter hätten "im letzten Sommer sehr gut bewiesen, dass das organisierte Reisen mit entsprechender Testinfrastruktur risikofrei möglich ist". Die Politik müsse "gemeinsam mit der Branche jetzt eine Öffnungsperspektive für den Tourismus erarbeiten".

"Ohne jegliches Konzept"

"Es ist nicht nachvollziehbar, dass kurz vor Beginn der ersten Hauptreisewelle zu Ostern jegliches Konzept fehlt, wie Reisen wieder möglich werden sollen", bemängelt Jochen Szech, Chef des Mittelstandsverbandes ASR, die Beschlüsse. Er fordert einen Touristikgipfel im Kanzleramt noch vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz. Der Präsident des Deutschen Tourismusverbandes Reinhard Meyer sagt, die Ergebnisse seien "für den Deutschlandtourismus sehr enttäuschend und nicht akzeptabel“. Durchdachte und ausgewogene Vorschläge lägen „seit langem auf dem Tisch".  Trotzdem seien die Öffnungsstrategien für den Tourismus "entgegen allen Ankündigungen erneut verschoben" worden.

Es gehe ihm keineswegs um eine sofortige Öffnung des Tourismus, betonte Meyer. "Wenn aber statt einer Öffnungsstrategie wieder einmal nur eine Vertagung des Deutschlandtourismus auf der Tagesordnung steht, lässt das eine ganze Branche ratlos zurück", so Meyer. Diese brauche "unverzüglich konkrete Vorschläge, unter welchen Bedingungen eine Öffnung für touristische Betriebe erfolgen kann".

"Traurig und ein Stück weit wütend"

Der Präsident des Hotellerieverbandes Dehoga sagte, es gebe für Hotels und Gaststätten wieder keine echte Perspektive. "Wir haben nichts dazu gehört, was passiert mit den gastronomischen Einrichtungen, was passiert mit den Hotels. Wie ist es mit dem Tourismus in Deutschland, mit den Bars, mit den Veranstaltungen? Weite Teile unserer Branche sind nach wie vor völlig ohne Perspektive. Das macht uns auf der einen Seite traurig, aber auch ein Stück weit wütend."

"Das ist schlicht inakzeptabel", kommentiert auch Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. "Eine ganze Branche wird in Geiselhaft gehalten. Derweil die Politik für Einzelhandel, Dienstleistungen und Kultur wenigstens einen Einstieg in den Ausstieg aus dem Lockdown skizziert hat, bleibt sie dem Tourismus jede Perspektive schuldig. Stattdessen wird vom Reisen abgeraten und der Tourismus zum Sündenbock der Pandemie gemacht."

Christian Schmicke

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