15. Mai 2025 | 16:53 Uhr
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So blicken Arbeitgeber auf die Tarifverhandlungen

Eine Mehrheit von 56 Prozent der Teilnehmer an einer aktuellen Umfrage von Reise vor9 aus dem Lager der Arbeitgeber hält das Angebot der DRV-Tarifgemeinschaft (DRV-T), das eine Gehaltserhöhung von 9,5 Prozent gegenüber 2018 vorsieht, für angemessen. Knapp 30 Prozent ist die Offerte zu hoch.

Tarifgespräche Balance

Die Mehrheit der Arbeitgeber hält das Angebot der DRV-Tarifgemeinschaft für angemessen

Dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedlich auf Tarifverhandlungen blicken, liegt nahe. Insofern verwundert es nicht, dass rund 90 Prozent der Arbeitgeber, die sich an der Umfrage beteiligten, die Forderung der Gewerkschaft Verdi, die eine Gehaltserhöhung von 19,5 Prozent mindestens aber 500 Euro, fordert, als zu hoch ablehnt. Für angemessen hält sie lediglich ein Zehntel der Unternehmer.

In Kommentaren begründen zahlreiche Arbeitgeber ihr Votum. "Die Margen sind nicht hoch genug, um diese Erhöhung als Arbeitgeber zu stemmen", schreibt ein Reiseprofi. Ein Vertreter aus dem Vertrieb findet: "Nach sieben Jahren ist die Forderung eigentlich verständlich, aber die Mindestsumme von 500 Euro stimmt einfach nicht und der Sprung nach oben ist mit den normalen Provisionen nicht mehr zu machen."

Kündigungsgrund oder Nachholbedarf?

Ein anderer Kommentator vermutet, dass kräftige Lohnerhöhungen mit Kündigungen quittiert werden müssten. Allerdings gibt es auch auf der Unternehmerseite Gegenwind, denn das Spannungsverhältnis zwischen dem Fachkräftemangel und dem Kosten-, beziehungsweise Vergütungsthema liegt auf der Hand. "Warum wandern alle Fachkräfte in andere Branchen ab? Ein Grund ist mit Sicherheit die niedrige Bezahlung. Deshalb muss das Gehaltsniveau steigen", heißt es in einem Beitrag.

Den von der Tarifgemeinschaft geplanten Erfolgszulagen, die schrittweise größere Bedeutung erhalten sollen, stimmen insgesamt gut 60 Prozent der Befragten grundsätzlich zu. 37 Prozent schränken indes ein, dass Erfolgszulagen in Ordnung seien, eine solide Grundvergütung aber nicht ersetzen könnten. Ein Viertel der Umfrageteilnehmer wünscht sich dringend eine größere Bedeutung erfolgsabhängiger Zulagen. Abgelehnt wird das Vorhaben von jedem zehnten befragten Arbeitgeber.

Komplexe Problemstellung

Das Thema Vergütung bleibt damit ein heißes Eisen, weswegen es wohl auch seit 2018 nicht erfolgreich in Angriff genommen worden ist. Neben der disruptiven Wirkung der Corona-Krise dürfte dazu auch die faktische Gemengelage in der Branche beigetragen haben. Neben gut verdienenden Reisebüros und -veranstaltern finden sich auch viele margenschwache Betriebe, wie zuletzt das beim DRV-Tag des Reisevertriebs vorgestellte Reisebürobarometer verdeutlichte. Längst nicht bei jedem Unternehmen konnte der Ertrag mit der zuletzt positiven allgemeinen Marktentwicklung mithalten.

Hinzu kommt auf der Arbeitnehmerseite der Fachkräftemangel, der ihnen prinzipiell mehr Wahlfreiheit gewährt. Jüngere Beschäftigte wünschen sich neben mehr Gehalt zudem eine größere Flexibilität im Hinblick auf Arbeitsplatz, -zeit und -ort, wie jüngst eine Diskussion beim DRV-Tag des Reisevertriebs ergab. Zugleich mehren sich indes die Anzeichen, dass die Arbeitslosenzahl im Land im Zuge der Konjunkturflaute wieder steigt. Valide Argumente haben damit beide Parteien auf ihrer Seite. Zu den Gewinnern der Debatte dürften daher die Unternehmen zählen, die es sich leisten können zu sagen: "Wir zahlen ohnehin übertariflich".

Christian Schmicke

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