6. November 2025 | 07:00 Uhr
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Junge Reiseberaterin bei Fairweg über Hürden und Chancen

"Nachhaltigkeit kommt durchaus in der Reiseberatung an – aktuell noch am ehesten über die Hotelauswahl, weniger bei der Flugkompensation. Der Preis dominiert", berichtet Larissa Wershofen (Foto) vom Fairweg-Büro Göttingen. Die 26-Jährige schildert, wie Kunden reagieren und warum dynamische Angebote den Alltag am Counter erschweren.

Larissa Wershofen ist mit 26 Jahren voll in der Touristik angekommen

Larissa Wershofen ist seit sechs Jahren im Reiseverkauf tätig, mit wechselnden Arbeitgebern. Auf die Idee ins Reisebüro zu gehen, kam die 26-Jährige durch eine Beratung im Jobcenter. "Ich bin damals nach der Schule zum Studieren nach Göttingen gezogen, mit Fokus auf englische Philologie und Nordamerikastudien. Ich habe dann nach dem zweiten Semester gemerkt, dass das nichts für mich ist und die Reißleine gezogen", sagt Wershofen im Gespräch mit Counter vor9. Mit der Berufswahl nach Beratung im Jobcenter ist sie sehr zufrieden, "denn das passt einfach zu mir". Nun kann sie mit Weltoffenheit, gutem Englisch und Interesse an Kundenberatung punkten, "in einem wirklich schönen Job". Es mache Spaß, die Leute in Urlaub zu schicken.

Nachwuchs: Wege in den Beruf

Wershofen kam 2019 über die Ausbildung ins Reisebüro, durchstand Pandemie und Insolvenz des ersten Arbeitgebers und kam so in das heutige Team des Fairweg-Büros in Göttingen. Ein offenes Miteinander im Team helfe ihr dabei, einen eigenen Beratungsstil zu entwickeln. Förderung erlebt sie durch Webinare, Messepraxis und etwa das "Young Talents"-Programm. Hier könne man netzwerken und Berührungsängste für Branchenkontakte abbauen.

Da der Fokus nun auf nachhaltigen Reisen liegt, macht der 26-Jährigen die Beratung am Counter noch mehr Spaß. Es gebe aber auch Hürden, die es zu meistern gelte, berichtet sie im Gespräch mit Counter vor9. Nachhaltigkeit komme in der Reiseberatung gut an – am besten verkauften sich Hotels mit glaubwürdigen Zertifikaten, stellt die 26-jährige Reiseverkäuferin fest. "Da sehen Kunden direkt persönliche Vorteile und einen Mehrwert – von umweltfreundlichen Reinigungsmitteln bis zum Bio-Frühstück", sagt Larissa Wershofen. Bei der Flugkompensation zögerten viele, denn in den Köpfen bedeute das meist Zusatzkosten, ohne direkten Nutzen. In der Beratung markiert sie nachhaltige Optionen, weist auf CO2-Werte hin und bietet Kompensation an – jedoch immer ohne Druck, so die Philosophie.

Die richtigen Werte

Der Wechsel zum Fairweg-Büro habe ihrem Berufsalltag ein klares Profil gegeben und mehr Sinnhaftigkeit in den Job gebracht, denn das Thema Nachhaltigkeit sei ihr schon immer wichtig gewesen. Ein Kick-off-Event sowie eine sechstägige Schulung zu Zertifikaten, Anreise, Produkten und Argumentation legten bei ihr die Basis zum besseren Verkauf. Monatliche Austauschrunden mit Kollegen anderer Fairweg-Büros halten Wissen und Routine frisch, so die 26-Jährige.

Bei dem früheren Arbeitgeber, einem konventionellen Reisebüro, habe man das Thema nicht ernst genommen. Man wolle die Kunden nicht verprellen, hieß es dort als Antwort auf ihre Anregungen rund um "grüne Reisen". Selbst das Auslegen von Info-Flyern mit Hintergrundinformationen zum Thema Kompensation sei unerwünscht gewesen.

Preis und Dynamik als Bremsklötze

"Der Preis bleibt das stärkste Kriterium", so ihre Erfahrung. Deshalb sticht das nachhaltige Hotel eher als eine zusätzliche Kompensation, wenn es nicht zu abgehoben teuer werde. Angebote mit dynamischen Bausteinen belasteten die Praxis am Counter: Verfügbarkeiten und Preise schwankten teils innerhalb eines Tages. "Früher gab es Kataloge mit fixen Preisen und heute dominiert bei dynamischen Produkten die ständige Anpassung – das gestalte die Erklärung gegenüber Kunden schwierig", sagt die Counter-Fachfrau.

Kundschaft und Haltung

Offenheit für Nachhaltigkeit ziehe sich durch alle Altersgruppen, so ihre Erfahrung, wenn dann scheitere die Umsetzung am Budget. Wershofen hält branchenweite Standards für grünere Reisepakete und politische Leitplanken für notwendig. Sie betont aber, "solange nicht alle Anbieter mitziehen, entscheidet der Preisvergleich".

Freude und Frust im Alltag

Am meisten motiviere sie Feedback nach der Reise. "Wenn Kunden zurückkommen und erzählen, wie schön es war – das ist das Beste", findet Wershofen. Herausfordernd bleibe das Jonglieren mit immer schneller wechselnden Konditionen. Öffnungszeiten von Montag bis Freitag, ohne Wochenenden, ließen Platz für Erholung, ohne dass Kunden vernachlässigt würden. "Das passt zum Anspruch, sich für Beratung Zeit zu nehmen – und Nachhaltigkeit unaufgeregt mitzudenken", so die 26-Jährige.

Sabine Schreiber-Berger

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