Unternehmen müssen klare Regeln für Workation schaffen
Die Verbindung von Arbeit und Freizeit auf Reisen ist längst in vielen Unternehmen angekommen. Doch Workation und Bleisure sind kein Selbstläufer. Denn ohne klare Regeln und professionelle Planung drohen rechtliche und organisatorische Stolperfallen. Im Gespräch erklärt Andreas Neumann (Foto), Geschäftsführer des ADAC Reisevertriebs, worauf zu achten ist.

ADAC Reisevertrieb
Andreas Neumann, Geschäftsführer des ADAC Reisevertriebs, berichtet, wie Workation schnell zur rechtlichen Grauzone werden kann
Herr Neumann, Bleisure und Workation sind in aller Munde. Was steckt hinter dem Trend – und warum nimmt er gerade jetzt Fahrt auf?
Andreas Neumann: Die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen ist enorm gestiegen. Viele Mitarbeitende wünschen sich mehr Autonomie, und das schließt auch den Arbeitsort mit ein. Ob Workation auf Mallorca oder das verlängerte Geschäftsreise-Wochenende in Paris – die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen zunehmend. Unternehmen greifen das auf, teils aus Überzeugung, teils zur Mitarbeiterbindung. Für den Reisevertrieb ergeben sich daraus völlig neue Anforderungen – auch in Bezug auf Beratung und Compliance.
Bleisure, Workation, Blended Travel und Remote Work – können Sie diese Begriffe einmal voneinander abgrenzen?
Gerne. Bei Bleisure handelt es sich um eine klassische Geschäftsreise, die privat verlängert wird – etwa durch ein Wochenende am Zielort. Workation bedeutet, dass die berufliche Tätigkeit an einen anderen Ort verlagert wird – etwa für zwei Wochen nach Portugal, um dort zu arbeiten. Das ist keine Reise im klassischen Sinne, sondern eine temporäre Verlagerung des Arbeitsplatzes. Und Blended Travel wird zunehmend als Oberbegriff für Bleisure und Workation genutzt. Remote Work bezieht sich dagegen auf grundlegende Arbeitsformen, ob mit oder ohne Geschäftsreiseanteil: Arbeiten von jedem beliebigen Ort – dauerhaft oder flexibel, innerhalb oder außerhalb des Landes. Sobald das Ausland ins Spiel kommt, steigen jedoch die Anforderungen erheblich.
Wo lauern denn konkret Fallstricke? Was kann schieflaufen, wenn Workation unvorbereitet umgesetzt wird?
Ein häufiger Fehler ist die Annahme, dass Workation einfach nur eine verlängerte Geschäftsreise mit Strandblick ist. Denn wer aus dem Ausland arbeitet, unterliegt bestimmten rechtlichen und steuerlichen Regeln. Ein Klassiker ist die fehlende A1-Bescheinigung, die bei beruflichen Tätigkeiten im EU-Ausland erforderlich ist – selbst für einen Tag. Fehlt sie, drohen Bußgelder oder Probleme bei Versicherungsfällen. Auch Fragen rund um Daten- und Versicherungsschutz, Arbeitszeitregelungen, oder das Risiko der Gründung einer Betriebsstätte werden oft übersehen.
Was muss ein Unternehmen vorab klären, wenn es Workation-Modelle anbieten möchte?
Zuerst braucht es klare interne Prozesse, Richtlinien und Ansprechpartner. Wer darf wann wohin reisen? Für wie lange? Welche Länder sind erlaubt? Was wird bezahlt – was nicht? In einer sogenannten Länderfreigabeliste können Destinationen anhand von Kriterien wie politischer Stabilität, Datenschutz oder medizinischer Versorgung eingestuft – etwa in "uneingeschränkt erlaubt", "nur nach Prüfung" oder "nicht geeignet" – immerhin hat das Unternehmen eine Fürsorgepflicht für seine Mitarbeitenden, die es wahrnehmen sollte. Auch beim Thema Kosten ist eine saubere Trennung wichtig: Der dienstlich veranlasste Teil der Reise kann oft übernommen werden, private Verlängerungen müssen die Mitarbeitenden in der Regel selbst tragen.
Wie kann ein professionelles Travel Management-Unternehmen dabei konkret unterstützen?
Wir als Travel Management Companies verstehen uns als strategische Partner. Neben der klassischen Reiseplanung beraten wir Unternehmen gezielt zu Themen wie Workation oder Bleisure Travel. Wir helfen zum Beispiel bei der Erstellung von Workation-Guidelines, geben rechtliche Hinweise und arbeiten eng mit externen Partnern oder spezialisierten Dienstleistern zusammen. Im Idealfall bieten wir ein Rundum-sorglos-Paket: von der Buchung über die Absicherung bis hin zur Risikobewertung.
Haben Sie ein Beispiel, wie so etwas in der Praxis aussieht?
Ein mittelständisches Unternehmen hat mit unserer Hilfe ein klar strukturiertes Workation-Konzept eingeführt – inklusive Länderfreigabeliste, definierten Zeiträumen und einem digitalen Beantragungsprozess. Die Mitarbeitenden können so unkompliziert und rechtssicher aus dem Ausland arbeiten. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv – sowohl von der Geschäftsleitung als auch von den Mitarbeitenden.