17. Juni 2019 | 07:00 Uhr
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TUI will es auf zehn Millionen "nachhaltige" Reisen bringen

Darunter versteht der Konzern Urlaubsreisen, bei denen die Kunden in Hotels mit einer externen, anerkannten Nachhaltigkeitszertifizierung übernachten. 2018 hätten bereits 9,2 Millionen TUI-Gäste davon Gebrauch gemacht – zwölf Prozent mehr als im Vorjahr.

Unter den großen Anbietern klassischer Pauschalreisen zählt TUI zweifellos zu den Vorreitern in Sachen Umweltmanagement. Bereits 1990 installierte der Konzern, damals unter dem Eindruck zunehmender Tourismuskritik, mit Wolf Michael Iwand einen Umweltbeauftragten, der immerhin auf Direktionsebene, also eine Etage unterhalb des Vorstandes, angesiedelt war. Auch an der Gründung der Brancheninitiative Futouris war TUI federführend beteiligt, während andere eher in Ermangelung einer eigenen Strategie als aus Überzeugung, später auf den Zug aufsprangen.

Heute steht die Reisebranche im Zeichen von Overtourism- und Klimaschutzdebatten erneut im Kreuzfeuer der Kritik. Kein Wunder also, dass Konzernchef Fritz Joussen die Veröffentlichung des aktuellen Nachhaltigkeitsberichts zum Anlass nimmt, um die eigenen Fortschritte auf diesem Gebiet zu präsentieren. TUI fördere "einen nachhaltigeren Tourismus – innerhalb des eigenen Konzerns, gemeinsam mit Partnern entlang der touristischen Wertschöpfungskette und vor Ort in den Reiseländern", so Joussen. "Wir wollen unsere Gestaltungskraft einsetzen, um den sozialen und wirtschaftlichen Nutzen des Tourismus zu steigern. Und wir werden gleichzeitig weiter in Innovationen und Technologien investieren, die den ökologischen Fußabdruck des Reisens reduzieren," kündigt er an.

Vorzeigesektor Hotellerie

Die Bilanz von 9,2 Millionen TUI-Gästen, die 2018 in Hotels mit einer externen, anerkannten Nachhaltigkeitszertifizierung übernachtet, hätten, sei beachtlich, meint der TUI-Chef und belegt dies anhand von Zahlen. So stießen zertifizierte Hotels gegenüber herkömmlichen Anlagen pro Übernachtung im Schnitt zehn Prozent weniger CO2 aus, produzierten 24 Prozent weniger Abfall, verbrauchten 19 Prozent weniger Frischwasser und nutzten 23 Prozent mehr Ökostrom. Insgesamt, so Joussen, führten 2018 bereits 81 Prozent der TUI-eigenen Hotels & Resorts eine Nachhaltigkeitszertifizierung. Zudem sei die nachhaltige Hotellerie bei den Kunden beliebter als der Rest.Das lasse sich anhand der Kritikbögen ablesen. Die Zahl nachhaltiger Urlaubsreisen soll laut Joussen bis 2020 auf zehn Millionen steigen.

Fortschritte bei Flug und Kreuzfahrt

Die Hotellerie ist unter den Gliedern der Leistungskette derjenige Bereich, in dem Verbesserungen noch am leichtesten Wirkung zeigen. Schließlich zahlen sich auch überschaubare Investitionen, etwa in Energie- und Wassereinsparungen oder Müllvermeidung, durch geringere Kosten in der Ver- und Entsorgung aus. Das hat TUI früh erkannt und die Entwicklung engagiert vorangetrieben. Doch auch zu den Bereichen Flug und Kreuzfahrten, die derzeit besonders intensiv diskutiert werden, äußert sich Joussen wenngleich er hier deutlich weniger präzise argumentiert. So seien die  Fluggesellschaften des Konzerns bereits heute unter den emissionseffizientesten im Airline-Index der unabhängigen Klimaschutzorganisation atmosfair, der die 200 größten Airlines der Welt vergleicht. TUI Airways aus Großbritannien stehe dort auf Platz eins Tuifly auf Rang vier.

Darüber hinaus arbeite TUI "kontinuierlich daran, die Umweltbilanz des Kreuzfahrtbereichs weiter zu verbessern – zum Beispiel durch Investitionen in neue, treibstoffsparende Schiffe", so Joussen. Zwischen 2015 und 2018 hätten die CO2-Emissionen um 11,7 Prozent pro Passagiernacht reduziert werden können.

Modethema Plastikmüll

In puncto Plastikabfall stimmt der TUI-CEO ins Konzert der Branchenmehrheit ein, die gerne anführt, wie viel Einwegplastik durch Maßnahmen wie den Wegfall von Plastiktrinkhalmen und ähnliches vermieden wird, ohne das Gesamtvolumendes Problems zu quantifizieren, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist. Bis Ende 2018 habe die TUI Group den Einsatz von 140 Millionen Teilen Einwegplastik vermeiden können, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht. Auf Basis neu eingeführter Handlungsempfehlungen hätten allein die Hotels auf 112 Millionen Kunststoffartikel verzichtet. TUI Cruises verfolge mit einem Plastikreduktionsprogramm „ehrgeizige Ziele“, und auch Airlines und Destinationen engagierten sich, um das neue Ziel zu erreichen. Bis Ende 2020 wolle der Konzern 250 Millionen Teile Einwegplastik vermeiden.

TUI dreht also durchaus an zahlreichen Stellschrauben, um die Öko-Bilanz des „Warmwassertourismus“ zu verbessern. Dass er das klassische Dilemma, das sich in ökologischer Hinsicht aus einer permanenten Wachstumsstrategie, insbesondere befeuert von neuen Märkten wie China oder Indien, ergibt, auflöst, kann man von einem Konzern, der genau damit sein Geld verdient, nicht erwarten.

Christian Schmicke 

Den Nachhaltigkeitsbericht der TUI Group gibt es hier zum Download.

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