1. August 2025 | 15:25 Uhr
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Spanien streitet und lästert über monumentale Stier-Skulptur

Ein 300 Meter hoher Stier als neues Wahrzeichen Spaniens – größer als die Kathedrale von Burgos und angeblich genauso attraktiv wie der Eiffelturm. Die Idee stammt von der Akademie für Stierkampfkunst und wird nun ausgerechnet in der spanischen Stadt Burgos heiß diskutiert.

Spanien Stier Projektion

300 Meter hoch soll das Stier-Monument werden

Die Akademie für Stierkampfkunst sucht einen Standort für das Monument und ist nach einer Absage aus Madrid offenbar in Burgos fündig geworden. Die rechtspopulistische Partei Vox, immerhin Koalitionspartner der regierenden konservativen PP im Stadtrat, will städtisches Gelände zur Verfügung stellen. Die Baukosten will großzügig die Akademie selbst übernehmen – es fehle nur ein Stück Boden und ein bisschen guter Wille.

Wenn es nach Vox geht, erhält Spanien bald ein neues nationales Wahrzeichen: einen 300 Meter hohen Stier, der sinnbildlich für Stärke, Tradition und – wenn man der Partei glauben darf – auch Tourismuswachstum stehen soll. Die Kathedrale von Burgos wäre damit ein Zwerg. Denn sie misst gerade mal 112 Meter bis zur Turmspitze – nicht einmal ein Drittel des geplanten Tierkolosses.

Stier statt Fußballplatz

Als Standort schwebt dem stellvertretenden Bürgermeister Fernando Martínez-Acitores laut einem Bericht der Zeitung El Pais eine Fläche vor, die ursprünglich für Fußballplätze vorgesehen war – doch im Vergleich zu dem monumentalen Stier wirke das eher nach Kreisklasse. 

Alternativ wäre auch ein Grundstück beim alten Hospital General Yagüe denkbar, ein Ort mit schwieriger Vergangenheit: Das geschlossene Hospital ist benannt nach einem berüchtigten General der franquistischen Armee und engen Vertrauten des Diktators Franco. Martínez-Acitores nennt das Projekt indes eine "einmalige Gelegenheit", um die touristische Strahlkraft der Stadt zu stärken.

Zwischen Lachern und Empörung

Die Begeisterung ist allerdings nicht flächendeckend. Bürgermeisterin Cristina Ayala (PP) reagierte auf den Vorschlag mit einem Lächeln und der Bemerkung, die Idee disqualifiziere sich selbst. Der sozialistische Ex-Bürgermeister Daniel de la Rosa nennt ihn "die absurdeste Idee in 14 Jahren Stadtpolitik". Er sieht darin vor allem den Versuch von Vox, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzeugen.

Auch Tierschützer melden sich zu Wort. Judith Sánchez der Gruppe Protección Animales de Burgos, Proanbur, kritisiert den Vorschlag als "Provokation" und warnt vor der Glorifizierung eines Symbols, das für viele Tierleid und Rückschritt bedeute. "Diese Stadt lebt im 21. Jahrhundert", stellt sie laut El Pais klar – und sieht in dem Vorschlag eher einen Werbegag für die Abendnachrichten als ein echtes Bauvorhaben.

Tauromachie mit Aussicht

Dabei soll der Stier sogar ein Innenleben erhalten: In den Hörnern sollen Aussichtsplattformen entstehen, am Fußbereich Restaurants und Souvenirshops. Alles unter dem Motto "Fiesta, Fleisch und Fernblick". Jorge Álvarez, Präsident der Akademie, träumt bereits vom spanischen Pendant zur Freiheitsstatue – nur eben mit mehr Muskeln und weniger Freiheitsversprechen.

Ob die Idee tatsächlich den Weg in den Stadtrat findet, ist unklar. Vorerst bleibt sie ein Vorschlag, verbal vorgetragen und öffentlich belächelt. Doch eines hat die Initiative von Vox bereits erreicht: Burgos steht im Zentrum einer Debatte, die irgendwo zwischen Provinzposse, Kunstsatire und urbanem Größenwahn angesiedelt ist.

Christian Schmicke

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