Wie der Deutschland-Chef auf die TUI-Strategie blickt
TUI-Deutschland-Chef Benjamin Jacobi (Foto) blickt trotz konjunktureller Unsicherheiten optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr. Im Gespräch mit Reise vor9 erklärt er, wie TUI den Wandel zum globalen Freizeitkonzern vorantreibt, warum Freizeitangebote und Erlebnisse künftig eine größere Rolle spielen und welche Bedeutung stationärer Vertrieb, dynamische Paketierung und digitale Services wie die TUI-App haben.

TUI
Benjamin Jacobi sieht in der Transformation von TUI zum Freizeitkonzern Chancen
Center Parcs: Naturerlebnis jetzt noch einfacher buchbar
Ruhe finden, Kraft schöpfen, Natur erleben – mit diesem Versprechen überzeugt Center Parcs seit mehr als fünf Jahrzehnten im Segment des naturnahen Ferienhausurlaubs. Mit 28 Parks ist die Marke in den Ländern Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden breit aufgestellt, jetzt folgt Dänemark mit der Neueröffnung des Center Parcs Nordborg Resort. Reise vor9
Jacobi zeigt sich mit dem bisherigen Verlauf der Buchungssaison zufrieden. Frühbucheraktionen wie Kinderfestpreise hätten gut funktioniert, auch wenn es im März leichtere Schwankungen gegeben habe. "In Summe läuft es in die richtige Richtung", fasst er zusammen.
Die strategische Neuausrichtung zum "globalen Freizeitkonzern" bleibt zentrales Thema. TUI wolle sich nicht auf zwei Wochen Urlaub im Jahr beschränken, sondern über ganzjährige Angebote wie Ausflüge, Events und Aktivitäten präsent bleiben. Jacobi erläutert: "Es geht darum, die positive Urlaubserfahrung im Kopf der Kunden lebendig zu halten und dadurch auch abseits der klassischen Reisen zusammen Umsatz zu generieren."
Urbaner Freizeitmarktplatz auch in Deutschland geplant
Neben den klassischen Urlaubsdestinationen richtet TUI den Fokus zunehmend auf Städte. Freizeitangebote in Metropolen wie Hamburg sollen künftig ebenso über die TUI-Plattform buchbar sein. Jacobi sieht dabei die Chance, Neukunden ins TUI-Ökosystem zu holen: "Wer über uns ein Konzertticket kauft, lernt die Marke kennen und nutzt später vielleicht weitere Angebote. Das bietet auch neue Potenziale für den stationären Vertrieb."
Das Konzept basiert auf kuratierten Angeboten mit hohen Qualitätsstandards. "Kunden vertrauen unserer Marke und sind mehr und mehr interessiert, auch Städtereisen oder Einzelerlebnisse bei uns zu buchen", erklärt Jacobi. Kooperationen mit Sportveranstaltern oder spezielle Produkte von Marken wie Adidas sollen die Markenbekanntheit auch außerhalb des klassischen Tourismusumfelds stärken.
Dynamische Paketierung bleibt im deutschen Markt wichtig
Obwohl dynamische Paketierung in Deutschland längst etabliert ist, bleibt sie laut Jacobi ein zentraler Baustein der Strategie. "Technische Entwicklungen wie direkte Schnittstellen zu Hotels sind entscheidend, um wettbewerbsfähig zu bleiben", betont er. TUI verfolge bewusst eine Mischstrategie aus dynamischer Paketierung und dem klassischen Einkauf vereinbarter Kapazitäten, um Risiken besser zu steuern.
Nach der Insolvenz von FTI sicherte sich TUI zusätzliche Hotelkapazitäten im "attraktiven mittleren Preissegment", insbesondere in der Türkei, Ägypten und den Emiraten. Auch die Tochtermarke L’TUR profitiert laut Jacobi vom Trend zu günstigeren Angeboten. "Wir haben unser Portfolio verbreitert, achten aber darauf, die Qualitätsansprüche der Marke TUI klar zu halten", so Jacobi.
Stationärer Vertrieb als wichtiger Erfolgsfaktor
Trotz Digitalisierung bleibe der stationäre Vertrieb für TUI Deutschland unverzichtbar, versichert der Manager. Die rund 400 eigenen Filialen sowie Franchise-Partner erzielten hohe Warenkörbe und hohe Kundenzufriedenheit. "Komplexere Produkte wie Fernreisen, größere Familienurlaube oder maßgeschneiderte Rundreisen werden weiterhin bevorzugt im Reisebüro gebucht", stellt Jacobi klar.
TUI investiere aktuell in neue, individuell konfigurierbare Rundreiseprodukte, sagt der Deutschland-Chef. Ziel sei es, Buchungsprozesse zu vereinfachen und die Produkte noch attraktiver zu machen. Besonders für komplexe Reisen sieht Jacobi den stationären Vertrieb im Vorteil: "Eine individuelle dreiwöchige USA-Rundreise plant man nicht allein auf dem Handy."
TUI-App als digitales Bindeglied
Mit der TUI-App will der Konzern den Service während der Reise verbessern. Informationen zu Transfers, Hotelaufenthalten oder Ausflügen sollen jederzeit abrufbar sein. "Die App hilft, typische Reiseprobleme schneller zu lösen, und schafft zusätzliche Kontaktpunkte zum Kunden", sagt Jacobi. Gleichzeitig stellt TUI mit der MyTUI-App sicher, dass Reisebüros in Deutschland geschützt bleiben, da diese Version keine eigenständige Buchungsfunktion enthält.
Schon jetzt arbeitet TUI an der Wintersaison 2025/26. Neben etablierten Zielen wie Ägypten sollen neue Destinationen hinzukommen. Details kündigte Jacobi noch nicht an, bestätigte aber den Ausbau der Flugverbindungen und Magic-Life-Angebote.
Christian Schmicke