2. November 2025 | 13:27 Uhr
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Aus AER Kooperation wird AER Touristik

AER richtet sich neu aus: Die AER Kooperations AG firmiert zum Jahreswechsel in AER Touristik um, das Kooperationsgeschäft wird in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert. Ziel ist laut Vorstand Rainer Hageloch (Foto) eine klarere Struktur. Bei den Vorstandswahlen für den AER-Verein im Rahmen der AER-Jahrestagung kam es zu einer Überraschung.

Hageloch Rainer

Rainer Hageloch will Umsätze der Kooperationsbüros mit den AER-Veranstaltern besser vergüten

AER stellt sich organisatorisch neu auf. Zum 1. Januar 2026 wird aus der AER Kooperations AG die AER Touristik AG. Das Kooperationsgeschäft, Ursprung und Kern der Gruppe, soll künftig in einer eigenen Gesellschaft als GmbH geführt werden. Hageloch begründete den Schritt auf der Jahrestagung des Verbundes mit dem Ziel, Aufgaben und Ziele klar zu trennen und die Gruppe "erklärbarer und zukunftsfähiger" zu machen.

Die Kooperation bleibt Anlaufstelle für Mitglieder und bündelt Incentives und Dienstleistungen. Die AER Touristik AG soll als Holding agieren, deren Vorzugsaktionäre von Dividenden profitieren. "Wir wollen die DNA der Kooperation stärken und gleichzeitig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesamtgruppe sichern", so Hageloch.

Neues Incentive für Mitglieder

Um die wirtschaftliche Lage der Reisebüros zu verbessern, startet AER ein neues Bonusmodell. Pro eine Million Euro touristischem Umsatz erhalten Mitglieder 1.000 Euro. Zusätzlich gibt es 20 Prozent obendrauf, wenn mindestens fünf Prozent des Gesamtumsatzes auf Spezialveranstalter entfallen. Damit will die Kooperation Spezialumsätze gezielt fördern und mehr Geschäft im Verbund halten.

Parallel startet AER laut Hageloch eine umfassende Dienstleistungsoffensive. Unter dem Dach der "Servicewelt" sollen Büros künftig stärker betriebswirtschaftlich unterstützt werden, um sich auf Beratung und Verkauf konzentrieren zu können. Ein geplanter Innovation Hub soll neue Technologien wie Künstliche Intelligenz frühzeitig prüfen und in die Praxis bringen. Ergänzend will die Kooperation ein Scoring-System einführen, um die Wirksamkeit der eigenen Services messbar zu machen.

Solide Bilanz und stabile Ausschüttungen

Die Gruppe arbeitet heute in fünf Feldern: Kooperation und Dienstleistungen, Flug mit Aerticket national und international, Technik rund um die Cockpit-Plattform, Veranstalter-IT sowie stationärer Vertrieb mit Nachhaltigkeitsfokus. Insgesamt gehören zur Gruppe über 65 Gesellschaften in 15 Ländern.

Finanziell sieht sich AER robust aufgestellt. Die Eigenkapitalquote liegt bei über 20 Prozent, größere Teile des Wachstums seien aus eigenen Mitteln finanziert. Für 2024 weist die Kooperation ein Ergebnis von 3,1 Millionen Euro aus, davon 2,9 Millionen Euro Beteiligungsergebnis. An Mitglieder wurden 3,6 Millionen Euro ausgeschüttet. Auch 2025 verlaufe positiv, 2026 werde erneut ein gutes Jahr erwartet.

Rahmenbedingungen und Markt

Der Start in den Winter verlief laut Hageloch erfreulich, die Buchungen liegen aktuell um neun Prozent über Vorjahr. 2026 sollen Durchschnittspreise und Umsätze weiter steigen; allerdings bei weiterhin weniger Gästen. Besonders dynamisch entwickele sich der Spezial- und Fernreisemarkt, der zweistellige Wachstumsraten verzeichnet, stellt der AER-Chef fest.

Sorge bereiten hohe Standortkosten und regulatorische Vorgaben. Die Abfertigung eines Airbus A320 koste in Frankfurt rund 4.000 Euro, in Madrid dagegen nur etwa 900 Euro. Verschobene Steuererleichterungen belasteten den Standort zusätzlich. Hoffnung setzt Hageloch in eine pragmatischere Auslegung der Pauschalreiserichtlinie.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Fokus

Neben den wirtschaftlichen Themen sieht der AER-Vorstand die digitale Transformation als größte Herausforderung. "Wir müssen schneller werden", sagt er. Der Ausbau technischer Systeme und der Einsatz von KI sollen dabei helfen. Nachhaltigkeit bleibe ebenfalls ein zentrales Thema. Ereignisse wie der Hurrikan Melissa, der Schäden in Milliardenhöhe verursachte, zeigten, wie dringlich entschlossenes Handeln sei. Beide Themen wurden im Rahmen der AER-Jahrestagung in mehreren Impulsvorträgen sowie im Rahmen eines Barcamps intensiv adressiert. 

Nach zwölf Jahren im Vorstand zieht Hageloch eine positive Bilanz. Aus einer kleinen Kooperation sei ein international tätiges Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 220 Millionen Euro geworden. Die neue Struktur solle dafür sorgen, dass AER künftig einfacher zu erklären und besser aufgestellt sei. "Wir sind mehr als nur Kooperation oder Technikdienstleister. Wir sind eine Gruppe, die gemeinsam Zukunft gestaltet", so sein Fazit.

Zwei "neue" Gesichter im Vorstand

Bei den Vorstandswahlen für den AER e.V., der alleiniger Gesellschafter der AER Tourismus AG und der Kooperations GmbH ist, mussten zwei der fünf Posten neu besetzt werden, nachdem sich Anna Fembacher, Chefin des Reisebüros Ticket Easy in Traunstein, und Christina Bauer, Inhaberin des Veranstalters Green Tiger Travel, nicht mehr zur Wahl gestellt hatten. 

Dabei kam es zu einer überraschenden Kandidatur: Neben Karawane-Studienreisen-Geschäftsführer Georg Albrecht warf Aerticket-Gründer Rainer Klee, der den Consolidator bis zum Sommer noch als CEO geführt hatte, seinen Hut in den Ring. Er trat formal in der Rolle als Chef des Unternehmens Dreamco an, das sich laut Website mit "exklusiven Service-Dienstleistungen mit Schwerpunkt in den Bereichen Coaching, Reiseberatung und Stadtführungen in Berlin" befasst und außerdem Reisen vermittelt.

Wie auch immer: in der nachfolgenden geheimen Abstimmung wurde die "graue Eminenz" des AER-Verbundes mit knapp drei Vierteln der abgegebenen Stimmen gewählt. Neben ihm gelangte auch Albrecht in das fünfköpfige Gremium. Bestätigt wurden in ihren Ämtern Forum-anders-reisen-Chefin Petra Thomas, Kathrin Angelstein, Geschäftsführerin von Fairlines Flug und Reisevermittlung, und Erlebe-Chef Ralf Wiemann.

Christian Schmicke

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