Wie Studiosus-COO Peter Strub auf die Studienreise blickt
Peter Strub (Foto) beendet nach 45 Jahren seine Karriere bei Studiosus. Im Gespräch mit Reise vor9 zieht er Bilanz über die Entwicklung der Studienreise, beschreibt, wie sich die Kundschaft verändert hat, welche Rolle Krisen für die Branche spielten und wo er die größten Chancen für die Zukunft sieht.
Studiosus
Peter Strub geht in den Ruhestand, bleibt Studiosus aber in beratender Funktion erhalten
Herr Strub, Sie haben 1980 als Reiseleiter begonnen. Wie sah eine klassische Studienreise damals aus?
Peter Strub: Gar nicht so viel anders als heute. Die Reisen orientierten sich stark an Sehenswürdigkeiten, die Tage waren vollgepackt, Freizeit gab es kaum. Der Hauptunterschied ist, dass es früher eine Route für alle gab. Heute gibt es ein Dutzend Varianten für unterschiedliche Zielgruppen. Eine klassische Griechenlandreise unterscheidet sich aber bis heute kaum vom damaligen Programm.
Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Ein gutes. Das Interesse an den Inhalten ist geblieben. Unsere Gäste wollen die großen Highlights sehen. Nur schaut man heute exemplarischer: Statt fünf antiker Theater reicht heute eins. Aber die Akropolis bleibt ein Muss.
Wie haben sich die Gäste verändert?
Die Kundschaft ist vielschichtiger geworden. Natürlich fahren noch Lehrerinnen und Lehrer mit, aber das Spektrum ist deutlich breiter. Heute sind auch viele Ältere unterwegs – nicht zuletzt, weil die Menschen gesünder älter werden. Ein Achtzigjähriger auf Rundreise ist längst keine Ausnahme mehr. Gleichzeitig sprechen wir mit Family-Reisen von Studiosus oder Youngline-Reisen von Marco Polo auch jüngere Zielgruppen an.
Gibt es Dinge, die früher besser waren?
Ja, die Bahn. Früher gab es Direktzüge von Deutschland nach Griechenland. Heute muss man mehrmals umsteigen, und durchgehende Tickets fehlen. Das ist ein Rückschritt. Nachhaltiger reisen könnte man viel besser, wenn es funktionierende Verbindungen gäbe.
Krisen haben die Branche immer wieder erschüttert. Welche waren für Sie besonders prägend?
Besonders einschneidend waren Ereignisse, die den Tourismus direkt trafen, wie die Anschläge von Luxor 1997. Richtig verändert hat uns aber der 11. September. Danach haben wir erstmals systematisch Krisenpläne entwickelt, Szenarien geübt, klare Regeln geschaffen und bei Studiosus ein Sicherheitsmanagement aufgebaut. Heute ist die Branche sehr viel besser vorbereitet.
Hat sich dadurch auch das Verhältnis der Kunden zum Thema Risiko verändert?
Unsere Kundinnen und Kunden beschäftigen sich weniger mit Risiken, weil sie uns vertrauen. Wenn Studiosus eine Reise anbietet, gehen sie davon aus, dass sie sicher ist. Das unterscheidet die Pauschalreise von individueller Organisation.
Welche Trends sehen Sie für die Zukunft?
Erlebnisqualität wird immer wichtiger. Es reicht nicht, Fakten über einen dorischen Tempel zu liefern. Es geht darum, daraus ein Erlebnis zu machen, Begegnungen zu ermöglichen, spontane Kontakte herzustellen. Und es wird entscheidend sein, welche Länder wieder auf die touristische Weltkarte zurückkehren. Mehr als 30 Ziele fehlen uns derzeit – darunter Iran, Syrien, Libyen, Myanmar, Russland oder Äthiopien. Wenn sie zurückkommen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.
Das Gespräch führte Christian Schmicke
Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Interviews mit Peter Strub:
Über unvergessliche Erlebnisse, magische Momente in Syrien und im Irak, eine Festnahme im Südsudan und den Widerspruch zwischen Umweltschutz und Vielfliegen.