Wie der TIC sich und die Branche neu aufstellen will
Markus Tressel (Foto), Präsident des Travel Industry Clubs (TIC), sieht die Touristikbranche zu stark segmentiert. Im Reise vor9-Podcast fordert er mehr Zusammenarbeit und ein Denken über Branchengrenzen hinaus. Der Club will sich breiter aufstellen, den Mittelstand stärken und durch neue Kooperationen bisher wenig verknüpfte Segmente wie Fahrrad- und Campingtourismus stärker einbinden.

Markus Tressel
Markus Tressel will mit dem TIC in der Branche Vernetzung und Austausch fördern
Tressel, seit 2022 Präsident des TIC, will die Touristikbranche enger zusammenbringen und neu ausrichten. Im Gespräch mit Reise vor9 betont der langjährige Bundestagsabgeordnete der Grünen, dass die Tourismuswirtschaft zu stark in einzelne Sparten und Verbände zersplittert sei. Er fordert, Plattformen statt klassischer Strukturen zu schaffen – mit einem klaren Fokus auf Vernetzung, Austausch und gemeinsamer Strategie.
Tourismus neu gedacht
"Der Mittelstand ist in der bestehenden Verbandslandschaft oft nicht ausreichend abgebildet", sagt der TIC-Chef. Der Travel Industry Club wolle daher künftig verstärkt Themen aufgreifen, die klassische Verbände nicht besetzen. Dazu zählt etwa ein Mittelstandstag, der erstmals Ende 2025 stattfinden soll. Auch das bestehende Travel Tech Symposium wird fortgeführt, ebenso wie neue Kooperationen mit Messen wie der Eurobike und dem Caravan Salon. Ziel sei es, klassische Touristik mit wachsenden Segmenten wie Fahrrad- oder Campingtourismus stärker zu verknüpfen.
Tressel sieht in der kleinteiligen Interessenvertretung ein zentrales Problem der Branche. Auch auf großen Branchentreffen agierten viele Akteure in getrennten Denkwelten. Dabei sei die Tourismuswirtschaft längst durch Digitalisierung und Querschnittsthemen wie Mobilität, Erlebnisse oder Datenanalyse miteinander verwoben. Der TIC setzt deshalb auf neue Partnerschaften, etwa mit Kreditkartenunternehmen im Bereich Datenanalyse. "Man braucht heute gemeinsame Ansätze – gerade bei zentralen Themen wie KI oder Digitalisierung", so Tressel.
Junge Talente im Fokus
Mit dem "Young TIC" engagiert sich der Club auch intensiv für den touristischen Nachwuchs. Die jährliche Flusskreuzfahrt mit Konferenzprogramm sowie ein Mentoring-Programm bringen Nachwuchskräfte und erfahrene Führungspersonen zusammen. Tressel sieht darin ein zentrales Instrument, um Fachkräfte zu fördern – und Unternehmen die Chance zu geben, Talente frühzeitig zu binden. Die hohe Nachfrage auf Mentorenseite sei ein Zeichen, dass der Ansatz funktioniere.
Tressel äußert sich im Podcast auch zur Rolle des Tourismus in der Bundespolitik. Die Branche sei weiterhin nicht ausreichend vertreten. Zwar gebe es einen Tourismusbeauftragten, aber kein eigenständiges Staatssekretariat – was aus seiner Sicht den Einfluss schwäche. Auch an der wiederholten Erarbeitung neuer Tourismusstrategien übt er Kritik: "Es wäre hilfreich, endlich einen strategischen Rahmen zu haben, der über Legislaturperioden hinweg Bestand hat."
Mehrwert durch neue Wege
Finanziell habe der Club nach der Corona-Krise neue Wege beschreiten müssen. Sponsoren seien schwerer zu finden, das betreffe jedoch die gesamte Branche. Kooperationen mit Messeveranstaltern und ein erweitertes Themenspektrum hätten geholfen, neue Reichweite zu schaffen und neue Mitglieder zu gewinnen. Das Ziel bleibe: die Touristik als Netzwerk- und Austauschplattform neu zu denken.
Tressel sieht den Travel Industry Club als "Wirtschaftsclub", nicht als Verband. Damit positioniert sich der TIC bewusst außerhalb etablierter Strukturen – und will dort aktiv werden, wo andere Lücken lassen. Die Mischung aus thematischer Breite, Fokus auf den Mittelstand und gezielter Nachwuchsförderung soll dem Club in Zukunft ein eigenständiges Profil sichern.
Christian Schmicke