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10. April 2021 | 07:00 Uhr
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Schon wegen Corona wird das Reisen langsamer

Eckardt Mandler (Foto) ist ein Vordenker beim Thema Slow Travel. Für das Engagement in seiner Heimat Kärnten hat ihn die Vereinigung der Reisejournalisten mit dem Columbus-Ehrenpreis ausgezeichnet. Im Interview erklärt Mandler, was es mit dem langsamen Reisen auf sich hat.

Eckart Mandler Foto Carolin_Thiersch

Eckardt Mandler ist ein Vordenker für Slow Travel

Wie verändert die Corona-Pandemie das Reise?

Die Nachwirkungen von Corona werden das Reisen langfristig beeinflussen. Es wird mühevoller werden und die Gefahr von neuen Virenmutationen wird weltweit das Reiseverhalten ändern. Reisen wird schon deshalb entschleunigter, weil die Sicherheitsmaßnahmen viel mehr Zeit verlangen und daher eine Reise überall hin einbremsen.

Welche Bedeutung bekommt „Slow Travel“?

Auch angesichts der auf uns zukommenden Klimakrise werden wir unser Reiseverhalten ändern müssen: der CO²-Fußabdruck beim Verreisen gewinnt an Bedeutung. Das heißt aber nicht auf Reisen zu verzichten, aber das Ziel und die Art zu Reisen sollten auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit hin kritisch hinterfragt werden.

Was heißt „langsames Reisen“ in der Praxis?

In der Corona-Krise haben viele Menschen erstmals gelernt, die eigene Umgebung zu erkunden und das meist auch noch zu Fuß. Man hat Orte und Menschen getroffen, die vorher – im Kopf – ganz weit weg waren. Man hat Freizeitaktivitäten ausgeübt, die bisher nur aus den Medien bekannt waren und von anderen gemacht wurden. Wandern, Radfahren, Langlaufen, Schneeschuhwandern oder einfach nur Bewegen in der näheren räumlichen Umgebung vom Wohnort. Reisen war lange Zeit eine langsame Art der Fortbewegung, die Ziele nicht ganz so weit von Zuhause entfernt und diese Art von Reisen war gar keine so unbequeme. Heute und in den nächsten zwei Jahren wird schon Corona-bedingt das Verreisen etwas langsamer vor sich gehen. Länger voraus eine Reise selber organisieren, nicht dorthin reisen, wo viele hinwollen, sondern Ziele finden, die noch unentdeckter sind und mehr Raum zum Entdecken bieten.

Welche Rolle spielt das Essen auf Reisen?

Zu einer nachhaltigeren Art des Reisens zählt auch der Konsum von Speisen und der Einkauf von Souvenirs oder ähnlichen Dingen, die man sich im Urlaub gerne gönnt. Wer jetzt in der Corona-Zeit erstmals selber wieder Kochen und Backen lernen musste, wird sich mit der Herkunft von Lebensmitteln wieder stärker beschäftigt haben und ist vielleicht draufgekommen, dass viele Zutaten und Nahrungsmittel schon einen weiten Weg hinter sich haben. Viele Menschen, insbesondere auf dem Land, haben aber auch den Vorteil genossen, gleich um die Ecke bei Direktvermarktern und kleinen Lebensmittelhandwerkern einkaufen zu können. Dieses Verhalten lässt sich dann leichter auf die zukünftigen Reisen übertragen und die Frage, wo das Essen am Urlaubsziel eigentlich herkommt, wird sich öfter stellen. Reiseziele, in denen die Slow Food-Bewegung schon spürbar ist, können darauf gute Antworten geben. Hier kümmern sich die Menschen vor Ort um eine nachhaltige, ökologische und klimafreundlichere Ernährung. Sie pflegen eine Esskultur, die dem Slow Travel-Reisenden sehr entgegen kommt.

Warum lohnt es sich, nach Corona anders zu verreisen?

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Nicht nur, weil wir überall und jederzeit zu günstigen Preisen hinreisen konnten. Wir haben uns gerade hinreißen lassen, jedes Schnäppchen zu kaufen und zu buchen – oft ohne Rücksicht auf die Umwelt, auf Natur und Mensch. Jedem Instagram-Motiv hinterher zu eilen – das war vor Corona. Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen und die Freiheit des einen endet dort, wo der Andere Freiheit verliert. Slow Travel heißt auch Reisen mit Verantwortung für sich und andere. Wer zukünftig seine Reisen länger im Voraus plant, längere Zeit an einem Ort verweilt und dort mit allen Sinnen sein Reiseziel erkundet, kommt vielleicht mit mehr Erkenntnissen in sein Leben zurück als erwartet.

Welche Erfahrung haben Sie persönlich mit Slow Travel gemacht?

Am intensivsten sind für mich Reisen zu Fuß: Wandern in naturbelassenen Landschaften, ob in den Bergen oder am Meer, machen den Kopf frei und stärken ganz natürlich die Fitness und das Immunsystem der Menschen. Ich konnte über 20 Jahre lang als Hotelier Gäste durch die Berge begleiten. Nach jeder Tour gab es unglaubliche Glücksgefühle, die nur durch das Gehen in fantastischen Berglandschaften entstanden sind. Daraus sind dann die Wanderhotels entstanden, in denen Hoteliers bis heute ihren Gästen eindrucksvolle Momente vermitteln.

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