1. Juni 2019 | 07:00 Uhr
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Alaçatı – touristischer Gegenentwurf zur türkischen Riviera

Der Ort an der türkischen Ägäis tickt in touristischer Hinsicht anderes als die Ziele in der Region um Antalya. Große Hotelanlagen und All-Inclusive-Verpflegung sucht man hier vergebens. Die FTI Group will den bei türkischen Urlaubern äußerst beliebten Ort nun auch auf dem Radar deutscher Urlauber etablieren. 

Alacati

Traditionelle Architektur hat in Alaçatı die Oberhand behalten

Das 10.000-Einwohner-Städtchen auf der Halbinsel Çeşme ist von Steinhäusern mit engen Gassen, Cafés und Restaurants geprägt, die im Sommer Tische und Stühle auf die Straße stellen. Streift man durch die Gassen des Städtchens zwischen seinen hübsch verzierten Häusern mit Natursteinwänden herum, fühlt man sich an Griechenland erinnert. Das ist auch kein Zufall, denn bis 1923 war die örtliche Bevölkerung dort überwiegend griechischen Ursprungs. Im Anschluss an den griechisch-türkischen Krieg wurde mit dem Vertrag von Lausanne die faktisch bereits vollzogene Vertreibung der christlich-orthodoxen griechischen Bevölkerung aus der Türkei ebenso wie die der muslimisch-türkischen Bevölkerung aus Griechenland dann sozusagen nachträglich legitimiert.

Sein freundlich-lockeres Flair hat sich der Ort bis heute bewahrt. Die überwiegend türkischen Besucher sind überwiegend jung, viele kommen aus dem 80 Kilometer östlich gelegenen Izmir, aber auch bei den Einwohnern Istanbuls ist die Region beliebt. Kleidung und Habitus sind europäisch-mediterran; das konservativ-islamische Klima, mit dem die Türkei seit einigen Jahren assoziiert wird, scheint hier weit entfernt zu sein. In der Hauptsaison zwischen Juni und September wenn die türkischen Kinder Schulferien haben, ist eine Menge los, so dass es auf den Gassen schon mal eng werden kann. Sehr belebt ist der Ort auch samstags wegen seines beliebten Wochenmarktes. Und außerhalb der klassischen Saison sorgt im April das alljährlich stattfindende Kräuterfestival für Furore.

Surfspots und Strandoasen

In architektonischer Hinsicht zeigt sich Alaçatı seinen Wurzeln verbunden: Zwar bauten sich im Zuge der wachsenden touristischen Popularität viele wohlhabende Bewohner von Izmir, aber auch aus anderen türkischen Großstädten, hier ihre Ferienhäuser und trieben die Imobilienpreise in für die Türkei schwindelerregende Höhen. Doch immerhin sind auch die neuen Häuser alle in dem Baustil gehalten, der das Städtchen von jeher prägt. Und die Hotels, die im Ort liegen, verdienen den Namen Boutique-Hotel wirklich. Selten verfügen sie über mehr als zehn Zimmer, oft verbergen sich in ihren Innenhöfen schöne Gärten.

Natürlich kommen Besucher nicht nur wegen der schnuckeligen Gassen nach Alaçatı. Die Strände der Region, wie etwa der Ilica-Strand in der Nähe von Çeşme, zählen zu den schönsten der Türkei. Einige Strände und Strandabschnitte sind von kostenpflichtigen Beachclubs belegt. Der Küstenabschnitt in der Nähe der Marina von Alaçatı genießt unter Wind- und Kitesurfern einen exzellenten Ruf, was auch bedeutet, dass hier fast immer eine frische Brise weht.

FTI setzt auf Alaçatı

In dieser bei deutschen Urlaubern bislang wenig bekannten Region will von diesem Sommer an FTI ein größeres Rad drehen. Nicht, dass FTI-Chef Dietmar Gunz, der sein Heil gerne abseits der hierzulande geläufigen touristischen Hotspots sucht, das beschauliche Alaçati nun mit großen Hotelanlagen bepflastern wollte. Der Ort selbst, der einige Kilometer vom Meer entfernt liegt, bleibt verschont. Gleich neben der Marina setzen Gunz und die Chefin seiner Hotel- und Incoming-Sparte Meeting Point, Roula Jouney, aber mit gleich drei Hotels aus dem Portfolio ihrer Eigenmarken Akzente.

Bereits im vergangenen Sommer eröffneten sie das Design Plus Seya Beach Hotel mit 190 Zimmern, das aus einer vorhandenen Bausünde ein im Inneren ansprechendes, schickes Hotel werden ließ. Und in diesem Jahr kommen das weitläufige Alaçati Beach Resort mit 45 Zimmern als Haus der FTI-Marke Kairaba sowie ein näher an der Marina gelegenes Haus in minimalistischem Industriedesign namens The S hinzu.

Damit wurde FTI im Handumdrehen zum größten Hotelier in der Gegend. Das Projekt, ein "anders Stück Türkei" im deutschen Markt zu etablieren, hat durchaus Chancen. Vor einer großen Herausforderung stehen Gunz und Jouney gleichwohl. Denn es gilt, die Hotels in einer Region, in der die Saison nur drei Monate dauert, im Optimalfall im Ganzjahresbetrieb zu führen. Und um das dauerhaft zu erreichen, müsste sich am langen Winterschlaf der touristischen Infrastruktur in der Umgebung wohl ein bisschen was ändern.

Christian Schmicke

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