19. Dezember 2019 | 07:00 Uhr
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Touristiker bei staatlicher Cook-Entschädigung gespalten

Nur rund die Hälfte der 750 Teilnehmer an einer Umfrage von Reise vor9 finden es richtig, dass Thomas-Cook-Kunden für be- oder angezahlte, aber nicht durchgeführte Reisen entschädigt werden. Die andere Hälfte ist dagegen. Einig sind sich die Reiseprofis weitgehend darin, dass die Bundesregierung mit der Zahlung ihr Versagen eingesteht.

Insolvenz

Nicht alle Branchenexperten finden die Kundenentschädigung aus Steuermitteln gut

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Jeweils rund 30 Prozent der Befragten lehnen die geplante Entschädigung von Kunden des insolventen Reisekonzerns durch Steuergelder ab oder sind entschieden dafür. Jeweils 20 Prozent gaben an, sie seien eher dafür oder dagegen. Die Auseinandersetzung dreht sich um die Summe, die nicht durch den Kundengeldabsicherer Zurich Insurance abgedeckt ist, weil die deutsche Gesetzgebung eine seit den 90er Jahren bestehende Deckelung der Haftung bei 110 Millionen Euro pro Versicherung und Jahr vorsieht. Diese Summe reicht nach bisherigen Erkenntnissen gerade einmal, um 17,5 Prozent der Forderungen zu begleichen.

Emotionales Thema

Wie sehr diese Frage die Touristik bewegt, wird daran deutlich, dass sich mehr als 300 Teilnehmer mit Kommentaren dazu äußerten. So argumentieren die Befürworter der staatlichen Ausgleichszahlung in der Regel, der Staat habe das Defizit verbockt, indem er die Vorgabe der EU-Pauschalreiserichtlinie nicht korrekt umgesetzt habe. Diese sieht nämlich vor, dass Kundengelder von Pauschalreisenden komplett abgesichert sein müssen. Daher sei er nun auch verpflichtet, für die Lücke in der Absicherung geradezustehen.

Die Gegner der steuerfianzierten Entschädigung weisen darauf hin, dass nun die Allgemeinheit für den Schaden aus der Cook-Pleite aufkommen müsse. Das sei zwar schön für die Kunden und auch gut für die Touristik, gerecht sei es aber nicht. Nicht wenige Kommentatoren regen an, das Management von Thomas Cook für dessen Fehler zur Rechenschaft zu ziehen. Das allerdings wäre, selbst wenn es sich umsetzen ließe, angesichts eines Schadens in dreistelliger Millionenhöhe eher ein symbolischer Akt als eine Lösung.

Dringender Handlungsbedarf

Rund 80 Prozent der Befragten gaben an, die Kundengeldabsicherung bei Pauschalreisen müsse nun dringend reformiert werden. Ebenso viele meinen, die Bundesregierung gebe mit der geplanten Erstattung der Kundengelder zu, dass sie die EU-Pauschalreiserichtlinie nicht korrekt umgesetzt habe. Ein kurzer Blick in die Umsatzstatistiken der großen Veranstalter hätte gereicht, um zu erkennen, dass deren Risiken nicht abgedeckt waren, kommentieren viele Umfrageteilnehmer. Die Argumentation, man habe ja nicht ahnen können, dass ein großer Anbieter wie Thomas Cook in die Insolvenz rutsche, sei angesichts der jahrelangen finanziellen Schieflage des Konzerns scheinheilig.

Rund die Hälfte der Branchenprofis stimmt der Aussage zu, private Risiken von Verbrauchern dürften nicht aus Steuermitteln abgesichert werden. Nicht wenige Touristiker kritisieren in Kommentaren, es herrsche diesbezüglich unter den Verbrauchern eine Art „Vollkaskomentalität“, obwohl der Staat wichtigeres zu tun habe, als ausgefallene Urlaubsreisen zu kompensieren. Andere weisen allerdings darauf hin, dass die Touristik die Sicherheit der Pauschalreise stets als wichtiges Argument in den Vordergrund gerückt habe.

Schmerzhafte Einbußen

Nur jeweils 30 Prozent der Teilnehmer glauben, die Entschädigung der Kunden durch die Bundesregierung helfe der Reisebranche und rette das Image der Pauschalreise. Vor allem unter den Reisebüros, die rund zwei Drittel der Teilnehmer an der Online-Umfrage ausmachen, herrscht offenbar eine Mischung aus Erleichterung und Wut. Einerseits sei es schön, dass die Kunden ihr Geld zurückerhielten, schreiben viele. Andererseits werfe der Blick auf die entgangenen Provisionseinnahmen bei jeder Menge Mehrarbeit neue Fragen nach gerechten Regelungen auf.

Christian Schmicke

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