7. Februar 2025 | 18:36 Uhr
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Wie die FDP tourismuspolitische Weichen stellen will

Mit gezielten Maßnahmen wolle die FDP den Tourismussektor als zentralen Wirtschaftsfaktor stärken, Arbeitsplätze sichern und Deutschland als attraktives Reiseziel weiterentwickeln, heißt es in einem Positionspapier zur Bundestagswahl, das Reise vor9 in Auszügen dokumentiert. Zu den Autoren zählen die Abgeordneten Tim Wagner und Nico Tippelt (Foto).

Tippelt Nico

Die Liberalen wollen demnach auf eine "strukturelle Stärkung" der Tourismuspolitik im Bundeswirtschaftsministerium, schnellere Visaverfahren für internationale Gäste, eine erleichterte Arbeitskräftezuwanderung sowie steuerliche und bürokratische Entlastungen für die Branche setzen. Auch die Gründung einer Tourismusförderbank nach österreichischem Vorbild und eine bessere Mobilität im ländlichen Raum stehen im Positionspapier der FDP-Fraktion.

"Wir müssen jetzt handeln, damit der Tourismus in Deutschland nachhaltig wächst und als Wirtschaftsfaktor weiterhin seine volle Wirkung entfalten kann. Gerade im ländlichen Raum gibt es viel noch nicht ausgeschöpftes Potenzial. Deswegen haben wir unsere konkreten Vorstellungen vorgelegt, für die wir uns als FDP im Bundestag die letzten Jahre eingesetzt haben und auch in Zukunft weiter stark machen werden", erklärt Tim Wagner, Mitglied im Tourismusausschuss.

Deutschland brauche bessere Rahmenbedingungen, um Investitionen zu fördern, Bürokratie abzubauen und international wettbewerbsfähig zu bleiben, so der tourismuspolitische Sprecher der FDP, Nico Tippelt. Er sehe "großes Potenzial, den Tourismussektor weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Deutschland als Reiseziel attraktiv bleibt und der Tourismus zugleich als wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Motor für alle Regionen seine volle Wirkung entfalten kann", erklärt Tippelt. Ziel sei es, "den Tourismus fit für die Zukunft zu machen und nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen".

Mehr Sichtbarkeit von Tourismus im Bundeswirtschaftsministerium

Um die Herausforderungen und Chancen des Tourismus in Deutschland effizienter zu steuern, fordert die FDP "mehr Sichtbarkeit am Kabinettstisch". Die Kompetenzen des Bundes sollen in der Tourismuspolitik strukturell gestärkt und gebündelt werden. Der bisherige Sonderweg Deutschlands, auf einen Koordinator der Bundesregierung statt eines Ministers zu setzen, habe sich als "ineffektiv" erwiesen, schreiben Wagner und Tippelt. Das Ministerium solle die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie den Tourismusunternehmen stärken und als zentrale Anlaufstelle für alle touristischen Themen dienen, fordern die Politiker.

Nationale Plattform Zukunft des Tourismus stärken

Die Nationale Plattform Zukunft des Tourismus habe in den vergangenen Jahren "erfolgreich die Weichen für die Weiterentwicklung des Sektors gestellt", heißt es weiter in dem Positionspapier. Die Arbeit solle künftig strategischer und vernetzter fortgeführt werden, um Innovationen zu fördern und die Branche zukunftsfähig zu gestalten.

Deutschland müsse seine Attraktivität als Reiseziel für internationale Touristen weiter ausbauen, damit die lokale Wirtschaft, insbesondere die für den Tourismus typischen Kleinbetriebe und Mittelständler, langfristig von den positiven Multiplikator-Effekten profitieren, fordern die Verfasser. Investitionen in die Marke Deutschland als Reiseziel seien "nachweislich Investitionen in die lokale Wirtschaft". Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) solle "zukunftsfest" mit Mitteln ausgestattet werden, um verstärkt in die Gewinnung internationaler Touristen zu investieren.

Zudem will sich die FDP für die Digitalisierung und eine deutliche Beschleunigung der Visaprozedur sowohl für Geschäftsreisende als auch für Touristen einsetzen, wobei eine Zielvorgabe von drei bis fünf Werktagen angestrebt werden soll.

Arbeits- und Fachkräftezuwanderung erleichtern

Zudem solle eine zielgerichtete Anwerbungs- und Zuwanderungspolitik dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag oder ein Ausbildungsvertrag bei einem zertifizierten Unternehmen solle ausreichen, um qualifizierten Arbeitskräften Visa zu erteilen. Automatisierte Verfahren und eine Kapazitätssteigerung in den Konsulaten sollten sicherstellen, dass Visa schneller bearbeitet werden.

In Behörden solle Englisch als zweite Amtssprache eingeführt und eine digitale Onboarding-Plattform für ausländische Fach- und Arbeitskräfte eingerichtet werden. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften müsse langfristig durch eine höhere Ausbildungsquote in der Branche bekämpft werden, so Wagner und Tippelt weiter. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollten durch gezielte Unterstützung in der Ausbildung von jungen Menschen bis 25 entlastet werden, indem "bürokratische Hürden abgebaut, Synergien genutzt und Koordinationsmöglichkeiten verbessert" werden.

Zudem fordern die Politiker "eine Offensive für mehr Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, Schüler und Pflegebedürftige". Um Familien und Alleinerziehende stärker zu entlasten, solle die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten und gesetzlichen Unterhaltsleistungen verbessert werden. Für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf solle der Ausbau von Betriebskindergärten unterstützt und bürokratische Hürden abgebaut werden. Private Kinderbetreuung solle steuerlich gefördert und für Unternehmen als Corporate Benefit attraktiver werden.

Arbeitszeiten an Lebenswirklichkeiten anpassen

"Die geltenden Arbeitsschutzgesetze gehen an der Realität der Gastronomie und Hotellerie oft vorbei", stellen Wagner und Tippelt fest. Eine wöchentliche Arbeitszeit bis zu 48 Stunden solle flexibel ermöglicht werden, ebenso wie Halbjahresarbeitszeitkonten und Vertrauensarbeitszeit. Dies gebe Unternehmen und Mitarbeitern Spielräume, um auf die veränderten Arbeitsmarktbedürfnisse, insbesondere von jungen Arbeitnehmern, besser zu reagieren.

Um die Arbeitsbelastung zu senken und Mehrarbeit attraktiver zu gestalten, solle eine Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit für Zuschläge für Überstunden über 40 Wochenstunden hinaus, sowie auf Zuschläge für Nacht- und Wochenendarbeit eingeführt werden. So könnten etwa Vollzeitbeschäftigte flexibler arbeiten und dabei finanziell entlastet werden.

Steuerliche und rechtliche Entlastungen für Unternehmen

Für die Tourismusbranche, die stärker als andere Branchen von hohen Arbeitskosten und Inflation betroffen sei, müssten steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen verbessert werden, erklären die FDP-Politiker weiter. Ein reduzierter Umsatzsteuer-Satz für Speisen in der Gastronomie "sollte auch in Deutschland gelten", fordern die Autoren des Positionspapiers: "Wir wollen eine gezielte Reform, um die Gastronomie, einschließlich Gemeinschaftsverpflegung und Sozialverpflegung, mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz zu versehen." In-house-Leistungen, die mehr Beschäftigungsmöglichkeiten böten und bei denen weniger Verpackungsmüll anfalle als bei To-Go-Leistungen, dürfen Letzteren gegenüber nicht weiter steuerlich schlechter gestellt werden.

Bürokratieabbau und Digitalisierung vorantreiben

Nicht zuletzt fordern die Abgeordneten ein "Bürokratie-Moratorium". Ein jährliches Bürokratie-Entlastungsgesetz soll dazu führen, dass bei jeder neuen Regelung zwei alte abgeschafft werden, um die Regulierungsdichte zu verringern. Keine regulative. Eine Ausweitung von Absicherungspflichten auf Einzelleistungen oder Pauschalreisen sei "tunlichst zu vermeiden", unterstreichen Tippelt und Wagner. Meldepflichten für ausländische Gäste in Beherbergungsbetrieben sollten vollständig digitalisiert werden, um den Aufwand für die Betriebe zu reduzieren.

Nicht zuletzt fordert die FDP die Gründung einer Tourismus-Förderbank nach österreichischem Vorbild, die speziell auf die Bedürfnisse der Tourismuswirtschaft zugeschnitten sein soll. Die Bank solle kleine und mittlere Unternehmen, die nach der Corona-Krise nur noch geringe Eigenkapitalreserven hätten, "gezielt bei Investitionen in Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Modernisierung unterstützen".

Christian Schmicke

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