8. Januar 2020 | 07:00 Uhr
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Touristiker diskutieren kontrovers über Klimaregeln

Als Reaktion auf einen Gastbeitrag von Professor Torsten Kirstges, in dem er ein Verbot von Inlandsflügen, verpflichtende Kompensationszahlungen, höhere Steuern auf Kerosin und das Verbot von Schweröl im Schiffsverkehr fordert, haben sich einige Reise vor9-Leser zu Wort gemeldet. Die meisten stimmen ihm zu, doch es gibt auch harsche Kritik.

CO2

Die Klimadebatte hat die Touristik erfasst 

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"Den Forderungen von Herrn Kirstges stimme ich vorbehaltlos zu“, schreibt Frank Weiß, Teamleiter Business Travel beim Lufthansa City Center Unterhaching. Statt sich über Greta Thunberg lustig zu machen, sollte die Touristik den Druck auf die Politik erhöhen. Wenn die Branche nicht mit gutem Beispiel vorangehe, werde sie irgendwann ebenso wie Kohlebefürworter, Automobilmanager oder Bankvorstände "als Schmuddelkind angesehen, mit dem niemand etwas zu tun haben will“.

Auch Dirk Bremer, Präsident des Trave Industry Clubs, stimmt Kirstges zu. Die Aufforderung zum Verzicht funktioniere nicht, stellt er fest. Wenn die Verbraucher ihrer klimapolitischen Verantwortung nicht gerecht würden, sei der Staat zum Handeln gezwungen. "Und dies ist richtig, auch wenn es wehtun wird“, so Bremer.

Branche muss sich ihrer Verantwortung stellen

Studiosus-Manager Rainer Müller reiht sich ebenfalls in die Gruppe der Unterstützer ein. "Wenn man bei einem nachhaltigen Reiseveranstalter arbeitet, kann man trotz eventueller kurzfristiger Umstellung von Arbeitsfeldern oder aber auch einer wirtschaftlichen Delle nicht anderer Meinung sein, wenn Klimaschutz im Tourismus wirklich ernst genommen und umgesetzt werden soll", schreibt er.

Auch Rainer Stoll, Chef des Veranstalters Travel to Nature, teilt diese Einschätzung. Die Maßnahmen, die bisher getroffen wurden, zielten zu kurz, urteilt er. „Was Kirstges vorschlägt kann aber auch nur ein Anfang sein, die Branche muss sich schnell und einschneidend ändern. Sonst heizen wir unseren Planeten zu schnell auf und wir vernichten zu viele Tier- und Pflanzenarten“, so Stoll.

"Ich bin für starke Einschränkungen bis hin zu Verboten, beispielsweise für innerdeutsche Flüge", meint auch Jana Müller von Reisen Pur in Langwedel. "Wer bereit ist, die Umwelt zu verpesten, sollte auch in der Lage sein, ein paar Euro mehr für die Kompensation auszugeben. Wir sind als Familie dieses Jahr gar nicht geflogen."

Verzichtsdebatte hilft dem Klima nicht

Dagegen findet Roger Niermann, Abteilungsleiter Vertrieb und Verkehr am Flughafen Hannover, die Aussagen von Kirstges seien "in keinster Weise nachzuvollziehen und würden im Ergebnis dem weltweiten Klima nicht im Geringsten helfen". Zu glauben, "dass wir in Deutschland mit einer Verzichtsdebatte einen weltweiten Trend setzen werden, ist vollkommen naiv und wird weltweit von niemandem zur Kenntnis genommen", kritisiert er. Die "permanent heruntergebetete Verlagerungsforderung auf die Bahn" könne, "in der Realität nicht stattfinden", so Niermann. Die einzige Lösung, um langfristig die Lebens- und Umweltbedingungen zu verbessern, liege im technischen Fortschritt.

Stefan Reck vom Rutesheimer Reisebüro im gleichnamigen Ort kann Kirstges Vorschlägen ebenfalls wenig abgewinnen. „Der liebe Herr Torsten Kirstges versucht nur wie viele andere mit diesem Thema populär zu werden, mutmaßt er. „Klimaschutz ist ok, aber man muss es auch nicht übertreiben. Ich möchte immer noch selbst entscheiden dürfen ob ich von Stuttgart nach Berlin oder Hamburg den Flieger nehme oder die unpünktliche, verschmutzte, überfüllte Bahn mit unfreundlichem Personal.“

Unternehmen reagieren nur auf Druck

Kirstges, der an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven Tourismuswirtschaft lehrt, hatte in seinem Gastbeitrag Ohne Verbote und Vorgaben passiert beim Klimaschutz nichts argumentiert, Unternehmen böten "gerne Maßnahmen an, die kaum weh tun und idealerweise gleichzeitig Kosten sparen: Wasserflaschen statt Einwegplastik oder freiwilliger Handtuchwechsel im Hotel". Sie reagierten aber erst dann, wenn die zu erwartenden Nachteile eines Handelns zu hoch seien. Ein Beispiel sei etwa der Verzicht auf Elefantenreiten oder Delfinarien durch deutsche Reiseveranstalter. "Dies passierte keinesfalls aus innerer Überzeugung des Managements heraus, sondern erst, nachdem massive Medienproteste imageschädigend zu wirken drohten."

Der Wissenschaftler hatte deshalb gefordert, alle innerdeutschen Flüge und Flüge ins benachbarte Ausland unter 600 Kilometern zu verbieten und gleichzeitig das Bahnangebot stark auszubauen und preislich mit dem Pkw konkurrenzfähig gestalten. Kerosin solle besteuert und die Luftverkehrssteuer stärker erhöht werden. CO2-Kompensation müsse für alle verpflichtend werden, gemessen nach strengen Maßstäben zum Beispiel gemäß Atmosfair. Schließlich solle Schweröl auf allen Schiffen, die Deutschland anfahren, verboten werden.

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