21. Mai 2019 | 07:00 Uhr
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Was machen die kleinen Veranstalter besser, Herr Lies?

Spezialisten boomen, große Veranstalter hängen durch: Chamäleon ist eine der Erfolgsgeschichten und schafft dieses Jahr 80 Millionen Euro. Gründer Ingo Lies: "Wir Spezialisten wachsen, weil sich die Big Player aus den Nischen zurückziehen." Doch das ist natürlich nicht der einzige Grund. Was Chamäleon anders macht, verrät Lies im Interview.

Lies Ingo Geschäftsführer Chamäleon in Nepal

Gipfelstürmer Ingo Lies in Nepal: Der Chamäleon-Gründer setzt auf einmalige Reiseerlebnisse, kleine Gruppen, Überraschungen und Reisebüros aus Vertriebspartner.

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Malta-Fans aufgepasst: Themenwoche MALTA in Counter vor9

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Chamäleon, Wikinger, Reisen mit Sinnen – die Spezialisten boomen, während die Großen kämpfen. Wie kommt das?

Es gibt zum einen brancheninterne Gründe für die gute Performance der Spezialisten. Die großen Veranstalter schrauben ihre besonderen Produkte zurück, weil das halt mehr Arbeit macht und nicht immer technisch zu lösen ist. Das heißt, wir Spezialisten wachsen, weil sich die Big Player teilweise aus den Nischen zurückziehen.

Das kann aber nicht alles sein.

Natürlich nicht. Ich glaube, dass viele Gäste heute gezielter schauen und wissen wollen, wofür sie ihr Geld ausgeben und was damit gemacht wird. Vor allem beim Thema Nachhaltigkeit. Das ist uns besonders wichtig, spielt aber auch bei anderen eine Rolle. Unsere Gäste sind bereit, dafür dann auch mal 100 Euro mehr zu bezahlen.

Was machen Sie anders?

Unsere Reisen sind fundamental anders. Auf den ersten Blick sind die Reiseziele und Routen ähnlich, aber der Inhalt ist ein ganz anderer. Ein entscheidender Punkt ist die Gruppengröße mit maximal einem Dutzend Gäste. Dann wählen wir ganz gezielt Unterkünfte aus, die unseren Gästen das Gefühl geben, bei Freunden zu sein. Und schließlich überraschen wir unsere Gäste immer wieder unterwegs mit besonderen Erlebnissen.

Zum Beispiel?

Etwa in Delhi. Dort besuchen wir ein Frauenhaus und unsere Gäste servieren den Inderinnen das Essen. Die Frauen sind davon total gerührt, dass wohlhabende Besucher aus Deutschland sie bedienen. Und unsere Gäste finden das auch total schön. Durch den Perspektivwechsel erfahren sie ganz viel Dankbarkeit und das nehmen sie für sich mit. Das sind die Besonderheiten, die unsere Reisen ausmachen. Über die typischen Höhepunkte eines Landes müssen wir nicht reden. Die sind bei allen gleich.

Chamäleon Reisegruppe Südafrika Township

Wie groß ist Chamäleon?

Wir schaffen dieses Jahr mit rund 18.000 Gästen etwa 80 Millionen Euro Umsatz. Das können wir deshalb recht genau vorhersagen, weil die meisten Reisen bereits gebucht sind. Vergangenes Jahr waren es noch 68 Millionen.

Ein Ausnahmejahr?

Nein. Wir wachsen ungefähr 20 Prozent pro Jahr und das eigentlich schon seit 20 Jahren. Jedes Mal denken wir, na ja, nächstes Jahr wird es prozentual weniger. Bisher nicht. Ich bin neugierig, wie es weitergeht.

Chamäleon schafft dieses Wachstum, ohne das Portfolio groß zu erweitern.

Naja, wir haben dieses Jahr zwei neue Länder und fünf neue Reisen. Das ist schon was, sind ja sehr ausgeklügelt unsere Reisen. Wir erhöhen aber vor allem die Anzahl der Termine pro Reise in allen Ländern. Daher kommt hauptsächlich unser Wachstum. Wenn eine Reise vorher 20 Termine hatte, sind es dieses Jahr 25 oder 30. Das ist dann von der Organisation her nicht so schwierig. Alles steht, wir brauchen nur mehr Reiseleiter. Es gibt eine natürliche Grenze für eine Reise von etwa 60 Terminen im Jahr. In Namibia haben wir den Reiseverlauf gedreht und haben so praktisch dieselbe Kapazität nochmal.

Wo auf der Welt ist noch Platz für Wachstum?

Es gibt schon noch interessante Länder zu entdecken. Wir sind am Schauen, etwa in den Kaukasus nach Armenien und Georgien. Aber auch in Afrika gibt es noch interessante Länder. Nur, das dauert, weil die Infrastruktur fehlt. Potenzial ist da.

Ihre Reiseform in populäre Ziele zu tragen, ist kein Thema – etwa USA, Kanada oder Schweden?

Kanada haben wir im Programm, USA auf dem Schirm. Europa bieten wir noch nicht an. Unser Konzept auf Europa zu übertragen, daran arbeiten wir, das wird noch ein bisschen dauern.

Sie haben mit Yolo eine Marke für junge Leute gestartet.

Wir schaffen 1.000 Gäste dieses Jahr, davon kommen zwei Drittel über Reisebüros. Das ist erstaunlich, weil es doch immer heißt, junge Leute gehen nicht ins Reisebüro. Der Katalog bleibt vom Umfang her, wie er ist. Wir nehmen ein paar Reisen, die wenig gebucht werden, raus und bringen neue Reisen und neue Länder.

Was haben Sie noch im Köcher?

Es liegt eigentlich auf der Hand. Mit Yolo sprechen wir die Generation Y an, mit Chamäleon die 40- bis 60-Jährigen, fehlt ein Angebot für die Silver Surfer. 60 bis 80 Jahre ist heute nicht mehr alt, weil immer mehr Leute über 90 werden. Mit unserer Kategorie Sense, also Reisen mit mehr Muße und Zeit, gehen wir schon in diese Richtung. Da sehe ich noch großes Potenzial.

Lies Ingo Geschäftsführer Chamäleon Reisen

Teil 2 des Interviews über Nachhaltigkeit: Warum finanziert Chamäleon Lodges in Afrika, Herr Lies?

Teil 3 des Interviews zum Vertrieb: Warum entdecken die Spezialisten die Reisebüros, Herr Lies?

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